Donnerstag, Oktober 06, 2005

Anrath und alles andere


In der Nähe des Anrather Bahnhofs ist am vergangenen Samstagnachmittag eine dreizehnjährige Kempenerin von einem bislang Unbekannten vergewaltigt worden. Sie hatte sich scheinbar schlicht verfahren, war in Anrath ausgestiegen und ging während der Wartezeit auf den nächsten Zug zurück in der Nähe spazieren. Dabei wurde sie von diesem Mann überwältigt und vergewaltigt.

Eine Bekannte meinte in einem Gespräch darüber, dass man als Willicher ja eigentlich wisse, dass man sich da besser nicht herumtreibe. Falsche Zeit, falscher Ort? Kann das so einfach sein? Meine Mutter würde jetzt sagen, dass das Mädchen "noch Glück gehabt" hätte. Immerhin lebt sie noch. Kann das so sein? Dass man heute dankbar sein muss, nicht getötet worden zu sein?

Was ich (nicht nur) in dieser Stadt vermisse, sind Aktionen und klare Ansagen. Natürlich: Eine Vergewaltigung wie die oben beschriebene ist nicht wirklich zu verhindern. Irgendein Mistkerl wird immer eine Gelegenheit finden, anderen Gewalt anzutun. Aber kann man nicht irgendetwas tun, um diese Dinge zumindest schwer möglich zu machen? Zu Mahnwachen für den Frieden oder die Rettung irgendwelcher Nerze und Feldhamster finden sich gern mehr als zwei Dutzend Personen.

Wie wäre es also stattdessen mit kleinen Wachen an exponierten Haltestellen in der dunklen Jahreszeit? Gut, zugegeben, das ist kein so hehres Ziel wie die Mahnwache gegen Atomwaffen im Iran (die mit Sicherheit nicht eine einzige Seele im Iran auch nur ansatzweise zur Kenntnis nimmt), Kondome verteilen oder gegen Bürokratisierung protestieren oder ähnliches. Man kommt damit nicht in den Friedensstifter-Himmel. Aber man könnte Anderen ein Gefühl von Sicherheit geben. Wie sieht's aus, JuLis, JUSOS, Ju's?

Ich meine: Das ist unsere Stadt.

4 Kommentare:

anke hat gesagt…

Bei uns musste sich erst ein 17-jähriger vor die S-Bahn werfen, weil er nicht mehr wusste, wie er sich gegen gleichaltrige "Abzieher" wehren sollte. Das ist jetzt knapp 10 Jahre her. Damals ging ein regelrechter Ruck durch unseren Stadtteil und es hat sich tatsächlich viel getan. Sicher auch von politischer Seite, aber auch Privatinitiativen, Vereine, Kirchen, haben sich an einen Tisch gesetzt und nach Lösungen gesucht, unseren Stadtteil sicherer zu machen.
Die wichtigste Erkenntnis - wir haben eine recht gute Vernetzung aufgebaut. Die Institutionen kennen sich untereinander und unterstützen sich gegenseitig. Man kennt sich aus, kennt die Schwachpunkte, die im Auge behalten werden müssen und die Zusammenarbeit mit der Polizei ist viel enger geworden.
Eigens für uns eingerichtet und mittlerweile auf ganz Hamburg ausgeweitet - die Cops-4-you (über den Titel kann man streiten). Sind Polizisten, die Kontakt zu Jugendlichen aufbauen, sich in den Schulen zeigen und überall dort, wo sie sich in ihrer Freizeit aufhalten. Auch sie sind vernetzt und kennen die dunklen Ecken genau und wissen auch, wo manch Verdächtige schnell zu finden sind. Mit Erfolg haben wir alle gemeinsam eine Halbierung ihrer Stellen vor ein paar Monaten abwehren können, weil wir ganz schnell reagiert haben.

Ich will nicht sagen, dass hier nichts mehr passiert - wenn meine Tochter im Dunklen durch Neuwiedenthal fährt, mag ich das immer noch nicht haben, aber es ist doch deutlich ruhiger geworden. Viel hat sich getan, an allen Ecken, weil viele unterschiedliche Kräfte mit angepackt haben und die Augen offen halten.
Trotzdem auch bei uns ist der größte Feind die Gleichgültigkeit und Bequemlichkeit - die Hoffnung, dass sich "andere" kümmern werden.
Und es tun sich auch hier immer wieder Probleme auf, da wissen wir einfach nicht, was wir machen können. Das ist leider so, da darf man dann nicht aufgeben.

Eriko hat gesagt…

Also obwohl ich nicht so sehr für einen Überwachungsstaat (gar nicht) bin, hab ich mir überlegt, dass Videokameras an Bahnhöfen verdammt vernünftig wären. Zum einen sind sie oft Drogenverkaufsplatz Nr.1 und, wie oben beschrieben (und meiner Meinung nach), anfällig für solches Gesindel. Wenn ich eine Frau wäre wüsste ich wahrscheinlich auch nicht, was ich bei einer Vergewaltigung tun sollte. Irgendwo hab ich mal Tips dazu gelesen, am vernünftigsten erschien mir (wenn niemand in der Nähe ist) einzukoten und zu urinieren. Das meine ich Ernst, nur um Kommentaren den Ernst des Themas betreffend vorzugreifen.

Alf hat gesagt…

Danke für eure Kommentare. Für mich steht ebenfalls die Prävention im Vordergrund. Ich erinnere mich, dass meine Eltern mir erzählten, man habe damals eine lange Zeit miteinander Wache gestanden, weil in den Nachkriegsjahren äußerst viel gesetzloses Gesindel unterwegs war.
Hier in unserer Stadt müssten sich doch nur ein paar Schützenzüge finden, die sich im Überwachen dieser Orte ablösten. Wie viele Schützen gibt's? 1500? 2000? Für mich gehört das auch zum "Du bist Deutschland"-Gefühl. Die Dinge in die Hand nehmen. Keine Selbstjustiz, sondern wirklich Prävention. Stärke zeigen, nicht Stärke beweisen.
Oder, ums ganz kurz zu sagen: LIcht ins Dunkel bringen.

Eriko: Ich fand Deine Äußerung in keinster Weise lächerlich oder missverständlich. Ich kenne so einen Tipp zwar nicht, kann mir aber vorstellen, dass der helfen könnte.

Anonym hat gesagt…

Tatsache ist: Es gibt keine absolute Sicherheit vor solchen Verbrechen, nirgends. Wir wissen das, akzeptieren es auf keinen Fall und müssen trotzdem vorbeugen. Prävention fängt bei der Erziehung an. Solche gesellschaftlichen Probleme dürfen kein Tabu mehr sein. Wir müssen mit unseren Kids darüber reden, aber ohne Panikmache und Angst. Diskutiert mit den Kindern und Jugendlichen, nehmt sie ernst. Es gibt auch kompetente Ansprechpartner und Kurse, wie z.B. beim Kinderschutzbund.
Dort werden auch Selbstverteidigungskurse angeboten.

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